Ursachen für das Zahlendilemma finden sich vor allem (jedoch nicht ausschließlich) in den verschiedenen Systemlogiken beider Tools hinsichtlich Datenmessung, Tracking, Attribution u.v.m. Um Licht ins Dunkel zu bringen, beleuchten wir in den folgenden vier Punkten wichtiges Hintergrundwissen zur Datendifferenz und oben drauf gibt’s noch einige Tipps, wie sich die Werte beider Tools besser vergleichen lassen.
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Klick oder Session, das ist hier die Frage
Ein User klickt in Facebook auf einen Anzeigenlink, der zu Ihrer Website führt. Für Facebook ist die Klick-Messung damit abgeschlossen. Für Google Analytics beginnt diese erst mit der Weiterleitung. Nur wenn Ihre Website inklusive Tracking-Codes geladen wurde, erfolgt die Anrechnung des „Klicks“, der korrekter gesagt, eine Session in Analytics darstellt.
Soweit so gut. Woher kommt die Differenz? Durch Abbrüche des Seitenaufrufs, wie z.B. lange Ladezeiten, Probleme der Internetverbindung oder ungewollte Klicks, gefolgt vom Ladeabbruch. Die Session kommt somit nicht zustande und damit wird kein „Klick“ in Analytics erfasst.
Auch ist zu beachten, dass mehrere Klicks auf denselben Link in einem definierten Session-Zeitraum von Analytics als 1 Session erfasst werden, während Facebook fleißig weiter zählt. Andersherum kann Analytics 2 Sessions bei 1 Facebook-Klick messen, wenn User länger inaktiv auf Ihrer Website sind und nach dem definierten Session-Zeitraum erneut aktiv werden.
Unser Tipp: Schauen Sie sich für einen realistischen Vergleich nur die Zahlen der „ausgehenden Klicks“ in Facebook an, weil sich diese – wie Google Analytics – ausschließlich auf Aufrufe außerhalb von Facebook beziehen.
Traffic-Chaos mit Verlusten in Google Analytics
Ein Großteil der User nutzt die sozialen Netzwerke via App. Der Haken daran: Im Gegensatz zur Browserversion von Facebook, wird die App oft nicht fehlerfrei als Verweiszugriff auf Ihre Website (= Referrer) von Google Analytics erkannt. Dadurch erfolgt die Anrechnung des Traffics für einen anderen Channel, z.B. als organischer Zugriff. Das Problem sind in der Regel fehlende Referrer-Informationen bei der Datenübermittlung von der App.
Des Weiteren erkennt Analytics User auf Basis von gesetzten Cookies, die browser- und gerät-gebunden sind. Im Rahmen der Customer Journey kann dies zum Verlust von Daten führen, wenn z.B. ein User nach einer Interaktion mit Ihrer Facebook Anzeige das Gerät wechselt. Im Gegensatz dazu trackt Facebook geräteübergreifend, solang der User auf seinem Gerät im sozialen Netzwerk eingeloggt ist.
Unser Tipp: Verwenden Sie in den URLs von Facebook Ads UTM Parametern (Google Analytics Trackingparameter). Damit lassen sich „Erkennungsprobleme“ vermeiden. Legen Sie zudem in Analytics den Kanal „Paid Social“ an und nutzen Sie Multi-Channel Reports. Auch wenn diese ebenso an Cookies gebunden sind, ermöglichen sie es, die Relevanz von Facebook in der Customer Journey und den Traffic besser abzubilden sowie Abweichungen schneller zu erkennen.
Von blinden Flecken und Facebook‘s View
In Bezug auf das Thema Tracking ist Facebook als geschlossenes System Egoist, denn es kennt keine anderen Kanäle. Erfolgt nach einer Facebook-Anzeigeninteraktion eine Conversion, wie z.B. ein Kauf, zählt dieser als kanaleigener Werbeerfolg. Selbst wenn in der Zwischenzeit z.B. eine Google Suche mit dortigem Anzeigenklick zum Kauf führte.
Facebook rechnet einer Kampagne eine Conversion an, sofern diese erfolgt ist, nachdem ein User eine Facebook Anzeige gesehen oder geklickt hat. Anzeigen-Views, auf denen diese Last-Touch-Attribution aufbaut, sind für Google Analytics blinde Flecken sowie andere Kanäle für Facebook. Das Google Analytics-Tracking kann keine Daten innerhalb von Facebook erfassen. Entsprechend sind Analytics Reports auf klickbasierte Conversions angewiesen (i.d.R. Last-Klick Attribution), während Facebook über View-Conversions ein Plus aufweist.
Unser Tipp: Zum Vergleich der Reports sollten Sie die Einstellung der Attributionsspalten in Facebook so anpassen, dass nur Klick-Conversions sichtbar sind, denn nur diese sind auch für Analytics messbar. Zudem ist ein Klick ein stärkeres Zeichen von Interesse als ein „View“. Andersrum sollten die gesamten Tracking-Ergebnisse von Facebook in Analytics vor dem Hintergrund der Performance aller Kanäle und der oft unterstützenden Rolle von Facebook beurteilt werden.
Irrungen und Wirrungen zwischen den Attributionsfenstern
Wer heute kauft, hat für Facebook gestern schon die Kasse klingeln lassen. Kling verwirrend? Das verstehen wir, aber folgt man der Logik des Algorithmus auf dem das Facebook-Tracking basiert, löst sich der Widerspruch.
Eine Conversion, bleiben wir beim Beispiel eines Kaufs, wird vom System rückwirkend dem Tag angerechnet, an dem ein User „in touch“ mit einer Facebook Anzeige kam, d.h. sie gesehen oder geklickt hat. Für Google Analytics zählt hingegen nur das Hier und Jetzt. Die Anrechnung der Conversion erfolgt für das Datum des tatsächlichen Kaufs.
Weiterhin ist zu beachten, dass sich die Zeiträume in denen Handlungen standardmäßig getrackt werden von beiden Tools unterscheiden (Attributionsfenster). Facebook arbeitet mit 28 Tagen (sowie 1 Tag nach dem View). Analytics erfasst Handlungen regulär im Rahmen von 30 Tagen, ausschließlich klickbasiert.
Unser Tipp: Um eine Annäherung der Facebook-Daten an die Analytics Standardattribution zu erzielen, empfiehlt es sich den strengsten Attributionszeitraum zu nutzen, d.h. 1 Tag nach dem Klick. Denn je länger die Zeit bis zur Conversion, desto wahrscheinlicher der Einfluss von anderen Kanälen auf die Handlung und damit die Anrechnung für einen anderen Kanal in Google Analytics.
Auch gibt es die Möglichkeit seitens Analytics den Zeitraum und das Modell der Attribution anzupassen. Allerdings im Allgemeinen hiervon abzuraten, da in diesem Tool die Daten sämtlicher Kanäle zusammenlaufen. Eine Umstellung könnte somit Negativfolgen für die Datenerfassung anderer Kanäle haben. Alternativ lässt sich jedoch für den spezifischen Abgleich mit Facebook das Tool zum Vergleich von Attributionsmodellen nutzen.
Das Wichtigste zum Schluss: Aufgrund der Zeitverzögerung bei der Conversionerfassung in Facebook ist eine Ergebnisanalyse immer erst nach einem großzügigen Zeitraum zu empfehlen, z.B. Betrachtungszeitraum plus ein Attributionszeitraum, um Facebook die Zeit zur rückwirkenden Anrechnung von Conversions zu geben.
Zusammengefasst: Nobody is perfect!
Wie aufgezeigt, weisen die Reports beider Tools für die Ergebnisanalyse Ihrer Facebook Werbekampagnen Vor- und Nachteile auf. Die perfekte Wahl lässt sich zwischen Facebook und Google Analytics damit nicht treffen.
Viel wichtiger ist der Anwendungsfall:
- Gilt es Entscheidungen zur Facebook-Optimierung zu treffen, sollten Sie auch diesen Daten mehr Gewicht geben.
- Möchten Sie hingegen die Leistung des sozialen Netzwerks im Rahmen der Performance aller Online-Kanäle betrachten, ist Google Analytics das Tool der Wahl.
Bei der Auswertung sollten Sie natürlich die Datendifferenz mit Hilfe des soeben gewonnenen Wissens berücksichtigen sowie die Tatsache, dass Facebook in der Regel eine vorbereitende bzw. unterstützende Rolle (> Remarketing) in der Customer Journey zukommt.