(Daniel Broche/ Flickr, CC BY 2.0)E-Commerce: Es ist mittlerweile fast schon ein Zauberwort, ein magisches Element, die golden gepriesene Zukunft für Start-Ups. Es ist der Stoff aus dem die Träume derer sind, die nach Selbständigkeit streben und die ihre viel zu lange zurück gehaltene Kreativität in die Welt tragen wollen. Der Klondike-Goldrausch des neuen Jahrhunderts.
Glaubt man den Statistiken, ist dieser Gedankengang gar nicht so abwegig. Zwischen 1999 und 2015 hat sich der reale Umsatz im E-Commerce allein in Deutschland von 1,25 Milliarden auf satte 43,6 Milliarden erhöht. Das ist eine Steigerung von 3488% und bewegt sich demnach in einem Bereich, der laut neurologischer Tests für das Gehirn überhaupt nicht mehr fassbar ist. Grund genug dem Feld einen mystischen Anstrich zu geben.
Solche hohen Gewinnzahlen locken Konkurrenten an. Insbesondere die großen Konzerne des Internets fangen seit einigen Jahren an sich außergewöhnlich deutlich für den Bereich Onlinehandel zu interessieren: Pinterest, Twitter und Facebook zum Beispiel testen jeweils nach eigenen Angaben einen „Kauf-Knopf“ für Ihre Tweets und Posts. Die größten Wellen schlägt in diesem Zusammenhang allerdings die Ankündigung des Suchmaschinenbetreibers Google im nächsten Jahr bereits einen solchen Buy Button in Adwords Kampagnen einzubinden.
Wie funktioniert der neue Google Buy Button?
Die langfristige Strategie scheint der Aufbau eines Marketplace wie bei Amazon oder E-Bay. Bei den kommerziellen Google Anzeigen soll ein Knopf platziert werden, der zu einer Maske führt, in der Größe, Farbe und Versandart des Produkts festgelegt wird. Die eingegebenen Zahlungsinformationen werden von Google gespeichert und beim nächsten Aufruf einer solchen Maske von derselben IP aus wieder eingefügt. Die Zahlung soll – anders als bei den Konkurrenten Amazon oder E-Bay – ohne Abzug einer Provision an den Händler weitergeleitet. Den Versand übernimmt dann der jeweilige Online Shop Betreiber selbst.
Die Vereinfachte Zahlungsweise mit gespeicherten Zahlungsinformationen hat dabei einen praktischen Hintergrund: Seit diesem Jahr werden mehr Suchanfragen von mobilen Endgeräten getätigt als von Desktop PCs, Tendenz steigend. Kreditkarteninformationen und Bankverbindungen immer wieder neu auf dem Smartphone einzugeben, ist schlichtweg lästig. Konsequenterweise bietet Google den Kauf-Knopf auch nur auf mobilen Geräten an: Der Desktop PC scheint zumindest in seiner privaten Nutzung langsam aus den Wohnbereichen der Menschen zu verschwinden. Außerdem habe sich die Anzahl von Suchanfragen nach Offline-Geschäften in unmittelbarer Umgebung des jeweiligen Nutzers im letzten Jahr verdoppelt. Das Ziel ist es somit auch, Kunden vom offline Handel abzuwerben; laut Google Chef Kordestani mache besagter Handel noch rund 90% aller Umsätze aus.
Was befürchten kleine Online Shops?
Während eine Reaktion von den großen Einzelhändlerverbänden im offline Bereich ausbleibt, stößt die Ankündigungen von Google bei Onlinehändlern auf viel Kritik und Ablehnung. Besonders die Kundenbindung könnte leiden, so eine Initiative von Online Shop Betreibern, sowie der persönliche Charakter der Kaufabwicklung mitsamt Betreuung.
Aber hier hat Google schon ein besänftigendes Angebot vorgelegt: Die persönlichen Daten der Käufer, wie Adressen, aber auch E-Mail und andere Informationen sollen kostenfrei den Betreibern für Ihre eignen Marketing Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Außerdem argumentiert der US-Amerikanische Konzern damit, dass durch die verkürzte Zugriffszeit und den vereinfachten Kaufablauf die Conversion-Rate, also die tatsächliche Zahl von Käufen gemessen an Seitenbesuchern, erheblich steigen würde – ein Umstand, der den privaten Shop Betreibern zu Gute kommen soll. Dies widerspricht allerdings einer anhaltenden Tendenz: Zum einen sind es nicht die kleinen Händler, die auf bezahlte Google Anzeigen setzen, sondern große, oft international agierende Unternehmen. Eben diese großen Unternehmen haben es, zweitens, bisher vermieden auf Amazon zu verkaufen, vor allem wegen der dort verlangten Provision. Damit scheint Googles tatsächliche Zielgruppe unter den Anbietern klar.
Was ändert sich wirklich?
Ob der Kauf-Knopf tatsächlich allzu tiefe Auswirkungen hat, bleibt abzuwarten. Denn als hauptsächlicher Suchmaschinenbetreiber wird Google die organischen, also nicht bezahlten Ergebnisse, nicht vernachlässigen können. Auf einer Seite werden Suchergebnissen so wahrscheinlich maximal 3-4 Ergebnisse mit Buy Button anzeigen. Inwieweit der User sich dann tatsächlich in den Sofort Kauf – bei dem Minimum an angezeigten Informationen – stürzt ist fraglich, insbesondere bei Produkten mit viel Konkurrenz, bei denen marketingtechnisch eine Geschichte oder ein Lebensgefühl dahinter steht.
Bei Affektkäufen mag dies noch der Fall sein. Die Gestaltung des eigenen Online Shops, Suchmaschinenoptimierung, SEO für Amazon und Individualität bleiben aber dennoch voraussichtlich die dominante Strategie für den Handel im Internet. Und es ist noch immer Wachstumspotential da: E-Commerce wird auch für kleinere Start-Ups lukrativ bleiben.